In Deutschland fehlen Kita-Erzieher:innen, Pflegepersonal oder Ingenieur:innen. Um diese Jobs zu besetzen, brauchen wir auch Fachkräfte aus dem Ausland. Das neue Fachkräfteeinwanderungsrecht soll das erleichtern.

Schon jetzt ist es für viele Arbeitgeber schwer, Arbeitskräfte zu gewinnen: Die Zahl offener Stellen ist auf einem Rekordhoch, die Suche nach Fachkräften dauert immer länger und führt oft nicht zum Erfolg. In vielen Bereichen funktioniert unser Land nicht optimal, weil Fachkräfte fehlen: Handwerkertermine sind schwer zu bekommen, Betreuungspersonal und Pflegekräfte fehlen, Busse fallen aus.

Zugleich wächst der Bedarf an Fachkräften, etwa in Folge der Digitalisierung und des Klimaschutzes. Die Situation wird sich gerade in den nächsten zehn Jahren noch verschärfen, wenn deutlich mehr Menschen in den Ruhestand gehen werden als junge Menschen auf dem Arbeitsmarkt nachkommen.

Deutschland braucht also viele und gut qualifizierte Fachkräfte. Nur so kann der Wohlstand für alle gesichert werden und die sozialen Sicherungssysteme zukunftsfest aufgestellt werden. Bis 2035 müssen voraussichtlich rund sieben Millionen Fach- und Arbeitskräfte ersetzt werden.

Deshalb ist einerseits nötig, im Inland Menschen aus- und weiterzubilden und für den Arbeitsmarkt zu aktivieren. Mit dem Aus- und Weiterbildungsgesetz wird die Ampel junge Menschen stärker dabei unterstützen, eine Ausbildung zu machen, und den Beschäftigten notwendige Weiterbildungen in einer sich wandelnden Arbeitswelt ermöglichen. Das wird allerdings nicht ausreichen, und deshalb werden auch Fach- und Arbeitskräfte aus dem Ausland gebraucht.

Genau hier setzt die Ampel-Koalition mit dem überarbeiteten Fachkräfteeinwanderungsrecht für Menschen von außerhalb Europas an und schafft neue Möglichkeiten. Dabei wird sicher gestellt, dass diese neuen Wege nicht zu Lohndumping oder Ausbeutung genutzt werden.

Das sind die neuen Wege der Fachkräfteeinwanderung:

1. Qualifikation

Ein in Deutschland anerkannter Abschluss eröffnet schon heute die Möglichkeit, als Fachkraft nach Deutschland zu kommen. Das bleibt auch zukünftig der wichtigste Weg. Er umfasst wie bisher:

  • die Blaue Karte EU für Hochschulabsolventinnen und Hochschulabsolventen aus Drittstaaten sowie
  • die nationale Aufenthaltserlaubnis für Fachkräfte mit einem deutschen oder in Deutschland anerkannten Abschluss (Hochschulabsolventen oder beruflich Qualifizierte).

Neu ist: Wer einen Abschluss hat, kann künftig jede qualifizierte Beschäftigung ausüben. Damit wird mehr Flexibilität geschaffen, und auf den Wandel der Arbeitswelt reagiert.

Für die Blaue Karte EU werden die bestehenden Gehaltsschwellen abgesenkt und attraktivere Bedingungen für Berufsanfänger:innen geschaffen.

2. Erfahrung

Wer mindestens zwei Jahre Berufserfahrung, eine berufliche Qualifikation und einen Verdienst über einer bestimmten Gehaltsschwelle oder die Geltung eines Tarifvertrages vorweisen kann, kann künftig einwandern.

Der Abschluss muss also künftig nicht mehr formal in Deutschland anerkannt sein. Wer weiterhin eine Anerkennung des ausländischen Abschlusses benötigt, kann auch im Rahmen einer Anerkennungspartnerschaft mit dem Arbeitgeber bereits in Deutschland arbeiten, vor Ort Deutschkenntnisse vertiefen und parallel das berufliche Anerkennungsverfahren betreiben.

3. Potenzial

Es wird eine Chancenkarte eingeführt, die es auch Menschen ohne Arbeitsvertrag ermöglicht, nach Deutschland zu kommen. Sie basiert auf einem Punktesystem, bei dem unter anderem Qualifikation, Sprachkenntnisse, Berufserfahrung, Voraufenthalte, Alter und mitziehende Partner:innen berücksichtigt werden.

Wer einen in Deutschland anerkannten Abschluss hat, erhält die Chancenkarte auch. Die Chancenkarte erleichtert die Suche nach einem Arbeitsplatz deutlich und ermöglicht auch Probearbeiten und Nebentätigkeiten. Auch Bildungsmigration soll gestärkt werden, indem die Berufsausbildung und Studieren in Deutschland noch attraktiver gemacht werden soll.

Bei akutem Arbeitskräftemangel soll zusätzlich in Bereichen ohne spezielle Qualifikationsanforderungen ein Weg in eine kurzzeitige Beschäftigung geöffnet werden. Tarifbindung und eine Sozialversicherungspflicht sollen für eine faire Bezahlung und gute Arbeitsbedingungen sorgen.

Die Westbalkanregelung, die Angehörigen dieser Staaten einen Zugang zum deutschen Arbeitsmarkt unabhängig von einer Qualifikation ermöglicht, wird entfristet und das jährliche Kontingent von 25.000 auf 50.000 Personen erhöht.

Die Trennung von Asyl- und Erwerbsmigration ist für uns ein sehr wichtiger Punkt. Aber wir wollen auch pragmatische Lösungen für diejenigen Fachkräfte schaffen, die bei uns im Asylverfahren sind. Dazu plant die Ampel, Asylsuchenden, die bereits die Voraussetzungen mitbringen, um in Deutschland als Fachkraft zu arbeiten, den unkomplizierte Wechsel in die Erwerbsmigration zu ermöglichen. Das gilt für alle Geflüchteten, die bis zum Stichtag Ende März eingereist sind. Mit dem Chancenaufenthalt hat die Bundesregierung bereits die Möglichkeit angestoßen, dass langjährig Geduldete über eine Erwerbstätigkeit einen regulären Aufenthaltstitel erhalten können.

Die SPD-Fraktion konnte im parlamentarischen Verfahren diese wichtigen Punkte durchsetzen:

  • Kein Aufweichen der Tarifbindung und der sozialen Standards, keine generelle Öffnung für Leiharbeit.
  • Keine Abweichung vom Grundsatz der Fachkräftedefinition.
  • Einfachere und schnellere Verfahren: Es soll in einer Machbarkeitsstudie geprüft werden, wie die Verfahren bei der Bundesagentur für Arbeit (BA) und dem Bundesamt für Auswärtige Angelegenheiten (BfAA) effizienter werden können oder ob dies in einer neuen Behörde zentralisiert werden könnte.