Durch die Lockerung der Preisregeln wird die Liefersicherheit von versorgungskritischen Arzneimitteln erhöht.

In den vergangenen Jahren kam es immer öfter zu Lieferengpässen bei Medikamenten wie Kinderfiebersaft oder Antibiotika. Um dieses Problem anzugehen, hat der Bundestag am Freitag das Arzneimittel-Lieferengpassbekämpfungs- und Versorgungsverbesserungsgesetz (ALBVVG) beschlossen.

Konkret ist geplant, die Preisregeln für Kinderarzneimittel zu lockern: Festbeträge und Rabattverträge werden abgeschafft. Die Liefersicherheit von versorgungskritischen Arzneimitteln wird erhöht, indem Pharmaunternehmen ihre Abgabepreise einmalig um bis zu 50 Prozent anheben können. Die Krankenkassen übernehmen die Mehrkosten. Damit wird ein Anreiz gesetzt, dass versorgungskritische Arzneimittel hierzulande verfügbar sind.

Antibiotika, die in der EU oder im europäischen Wirtschaftsraum produziert werden, müssen künftig bei Ausschreibungen von Kassenverträgen zusätzlich berücksichtigt werden. So soll Europa als Produktionsstandort für Arzneimittel gestärkt werden und die Lieferketten diversifiziert werden.

Regeln zur Preisbildung werden angepasst

Die Regelung kann auch für weitere versorgungsessentielle Arzneimittel genutzt werden. Die Regeln zur Preisbildung werden so angepasst, dass der finanzielle Anreiz für die Forschung und Entwicklung von neuen Reserveantibiotika verstärkt wird.

Der Preisdruck soll auch durch eine geringere Zuzahlungsbefreiungsgrenze gesenkt werden: Liegt der Preis mindestens 20 Prozent unter dem Festbetrag, können Arzneimittel von der Zuzahlung freigestellt werden.

Ist ein Arzneimittel nicht verfügbar, dürfen Apotheker:innen einfacher ein wirkstoffgleiches Arzneimittel anbieten. Dafür sollen sie einen Zuschlag erhalten. Zudem werden Apotheken bei der Retaxation und der Abgabe von Hilfsmitteln von Bürokratie entlastet.

Für Rabattverträge müssen die rabattierten Arzneimittel künftig sechs Monate auf Lager sein. Auch die Bevorratungsverpflichtungen für Medikamente, die injiziert werden, und für Antibiotika zur intensivmedizinischen Versorgung sowie für Kinderarzneimittel werden erhöht.

Frühwarnsystem für Lieferengpässe

Darüber hinaus erhält das Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte (BfArM) zusätzliche Informationsrechte u.a. gegenüber Herstellern und Krankenhausapotheken, um ein Frühwarnsystem zu installieren, mit dem drohende Lieferengpässen erkannt werden können.

Die Genehmigungsfrist für medizinisches Cannabis wird ebenfalls verkürzt, es werden Modellprojekte zum Drug Checking erleichtert und die Arbeitsunfähigkeitsfeststellung bei leichten Erkrankungen per Videosprechstunde oder telefonisch ermöglicht.