Am 26. September wählten die Bürgerinnen und Bürger den Deutschen Bundestag. Üblicher Weise dauert die Legislaturperiode vier Jahre. Nun bringen politische Kräfte plötzlich eine Neuwahlendebatte ins Spiel. Was steckt dahinter?

Dass die Regierung nicht die glücklichste Kommunikation betreibt, ist vielen bewusst; dass wir in einer der herausforderndsten Zeiten leben, auch. Und diese Zeit muss die Regierung trotz aller widrigen Umstände bewältigen. Dabei hat die Bertelsmann-Stiftung jüngst in einer Studie festgestellt, dass diese Regierung in ihrer Leistungsbilanz bislang mehr vorzuweisen hat als die „große Koalition“ - und dies angesichts immenser Herausforderungen wie Pandemie, Russlands Angriffskrieg auf die Ukraine, Klimawandel, Transformation unserer Gesellschaft, um nur einige zu nennen.

Es ist Aufgabe der Opposition, die Regierung zu kritisieren – und manche Opposition hat in der Vergangenheit sogar konstruktive Vorschläge als Alternativen zu den Regierungsinitiativen eingebracht.

Was nun auffällt, ist dass es „links und rechts“ einen Schulterschluss gibt: Aber nicht mit sachdienlichen Vorschlägen, sondern einer einmütigen Forderung von Friedrich Merz (CDU), Markus Söder (CSU) und Martin Schirdewan (Linke). Natürlich mit dem Argument, dass die „Ampel“ zerstritten ist, dass sie dies und jenes nicht auf die Reihe bringt und sowieso.

Was aber steckt hinter dieser seltsamen Einmütigkeit?

Für Friedrich Merz wird es allerhöchste Zeit: Der bald 69-Jährige sieht seine Felle für eine Kanzlerkandidatur davonschwimmen; und überdies stehen Jüngere wie Daniel Günther aus Schleswig-Holstein oder Hendrik Wüst aus Nordrhein-Westfalen in den Startlöchern, die dazu noch nicht einmal den erzkonservativen Stil des Friedrich Merz verkörpern, mit dem er die CDU an den rechten Rand des Parteispektrums geführt hat.

Für Markus Söder ist die von der Regierungskoalition verabschiedete Wahlrechtsreform eine Überlebensfrage: Käme die CSU bundesweit bei einer Neuwahl nicht über die 5-Prozent-Hürde, würden ihr auch die gewonnenen Direktmandate in Bayern nichts nützen, und sie würde aus dem Bundestag fliegen. Daher auch die angestrebte Verfassungsklage von CDU und CSU. Der Ausweg für die CSU wäre, sich im gesamten Bundesgebiet zur Wahl zu stellen – und damit Konkurrenz zur CDU zu werden: ein historischer Schritt.

Die Linken, die sich gerade auseinanderdividiert haben, fürchten ein verkümmertes Dasein im 3-Prozent-Bereich – also unterhalb der 5-Prozent-Hürde. Erschwerend kommt für sie hinzu, dass ihr mit Sahra Wagenknechts bald antretender Partei (Bündnis Sahra Wagenknecht (BSW) weiteres Wählerpotenzial verloren geht.

Alle drei Protagonisten oder auch Parteien haben eines gemeinsam: Die Zeit drängt.

Es gibt aber ein großes Hindernis: Den Wähler, den Souverän. Der Wähler hat gesprochen und hat dieser Regierung den Auftrag erteilt, das Land zu regieren – und auf den kommt es einzig und allein an, nicht auf Meinungsumfragen und nicht auf die parteipolitischen Kalküle derer, die machtbesessen oder am Rande ihrer Existenz nach jedem Strohhalm greifen, der sich ihnen bietet, um an die gefüllten Töpfe zu gelangen. Denn sie schaden der Allgemeinheit. Und damit muss auch einmal Schluss sein.