Wie gelingt soziale Klimapolitik?

Zu einem der brennendsten Themen dieser Zeit hatte die SPD Hanstedt in den „Alter Geidenhof“ geladen. Svenja Stadler, MdB, begrüßte Dr. Mattias, stv. Vorsitzender der SPD-Bundestagsfraktion und u.a. zuständig für Umwelt, Klimaschutz und Energie, sowie die SPD-Landtagskandidatin Sabine Lehmbeck und den SPD-Landratskandidaten Michael Cramm sowie Gäste aus Hanstedt, Salzhausen und Jesteburg. Allerdings war der Ablauf etwas anders als gewohnt: Einen Tag zuvor war Matthias Miersch positiv auf Corona getestet worden und war von zuhause aus zugeschaltet.

In seinen Ausführungen referierte Matthias Miersch über den derzeitigen Stand, das Klimaschutzgesetz und den Ausstieg aus der Kohle und der Atomenergie und zeigte die bereits in kürzester Zeit erlangten Erfolge bei der Reduzierung der fossilen Abhängigkeit von Russland: 2020 betrug die Abhängigkeit vom russischen Erdgas 55 Prozent, heute nur noch 24 Prozent, beim Erdöl reduzierte sie sich von 35 auf zwölf Prozent und bei der Steinkohle von 50 Prozent auf derzeit acht, im August auf Null. Dabei, so Miersch, sei es ein großer Kraftakt, um die Abhängigkeit zu beenden. Für die Versorgung mit Gas habe die Bundesregierung einen Notfallplan erstellt – zurzeit befänden wir uns in der zweiten Stufe, der „Alarmstufe“, danach komme die Notfallstufe. Dort würden Entscheidungen über die Verteilung getroffen werden müssen.

Der in der aktuellen Diskussion häufig gestellten Forderung, die Laufzeit der Atomkraftwerke zu verlängern, erteilte Miersch eine klare Absage: Ein hoher Aufwand, geringer Nutzen und rechtliche Unsicherheit sprächen dagegen. „Es ist nicht die Stromfrage, wir brauchen Wärme, dafür sind die Atomkraftwerke kein Ersatz“, so Miersch.

Die Preise für Energie werden nach Einschätzung von Miersch weiter hoch bleiben. Um die finanzielle Belastung der Bevölkerung zu verringern, habe die Bundesregierung ein ganzes Maßnahmenpaket auf den Weg gebracht: 300 Euro Energiepreispauschale für Erwerbstätige, 90 Tage ÖPNV für neun Euro im Monat, 100 Euro für Empfänger:innen von Transferleistungen zusätzlich zur beschlossenen Einmalzahlung von 100 Euro, ein Familienzuschuss von 100 Euro pro Kind sowie eine Reduzierung der Energiesteuer auf Kraftstoffe für drei Monate. Damit Energie bezahlbar bleibe, seien weitere Maßnahmen auf den Weg gebracht worden: Die Abschaffung der EEG-Umlage zum 1. Juli 2022, die Erhöhung des Heizkostenzuschusses für Wohngeldempfänger:innen, Azubis und Studierende, ein Festhalten am beschlossenen CO2-Pfad bis 2025, der Steigerung der Energieeffizienz sowie einer fairen Aufteilung der CO2-Kosten zwischen Mietern und Vermietern.

Dabei schalte die Regierung in den Turbomodus für den Ausbau der Erneuerbaren Energien: Die Anhebung des Ausbauziels für 2030 auf 80 Prozent, eine Klimaneutralität bis 2035 im Stromsektor, eine Anhebung des prognostizierten Bruttostrombedarfs 2030 auf 750 Terrawattstunden sowie schnellere Genehmigungsverfahren für Erneuerbare Energien. Bei dieser großen Herausforderungen müssten alle gesellschaftlichen Gruppen mitwirken; so forderte Miersch eine bessere finanzielle Beteiligung der Kommunen bei Windenergieanlagen und größeren Freiflächen-Solaranlagen, die Stärkung von Bürger-Energie sowie eine Vereinfachung von Mieterstrom- und Quartierskonzepten.

Eine Vielzahl von Maßnahmen und Gesetzen wurde bereits im Kabinett resp. Bundestag verabschiedet oder wird noch kommen; dazu gehören das Energiesicherheitsgesetz, das Windenergie-auf-See-Gesetz, weitere Gesetze im Sommer- und Herbst-Paket, Planungsbeschleunigungen sowie Maßnahmen für die Unabhängigkeit von fossilen Energieimporten.

In der sich anschließenden Diskussion wurde deutlich, wie vielschichtig das Thema „soziale Klimapolitik“ ist; denn bei allen Herausforderungen war den Teilnehmern wichtig, dass die Bürgerinnen und Bürger nicht zu den Verlierern gehören dürfen. Daher hatte Matthias Miersch auch betont, dass es um mehr als nur finanzielle Entlastungen geht – es geht um den gesellschaftlichen Zusammenhalt und darum, dass wir diese Zeiten gemeinsam durchstehen. Eines wurde aber auch klar: Wir sind noch nicht durch – aber wir haben durch die wirtschaftliche Stärke unseres Landes gute Voraussetzungen, um auch diese Krise zu überstehen.


20220711 Bei Dr. Matthias Miersch (v.l.): Sabine Schulz-Rakowski, Michael Cramm, Sabine Lehmbeck und Svenja Stadler
20220711 Bei Dr. Matthias Miersch (v.l.): Sabine Schulz-Rakowski, Michael Cramm, Sabine Lehmbeck und Svenja Stadler