Zugegeben: Statistiken nicht immer leicht zu verstehen – und außerdem gibt es da noch das Sprichwort, dass man keiner Statistik glauben soll, die man nicht gefälscht hat. Die OECD (Organisation for Economic Co-operation and Development, Paris) gehört allerdings zu den internationalen Organisationen, deren Statistiken man glauben kann. 

Nun hat die OECD Vergleichszahlen über die Arbeitszeiten von Beschäftigen aus verschiedenen Ländern veröffentlicht. Laut dieser Zahlen arbeiten die Deutschen durchschnittlich 1.349 Stunden pro Jahr und ArbeitnehmerIn – der OECD-Durchschnitt liegt bei 1.716 Stunden. Daraus leitet Katharine Reiche ab, dass die Deutschen zu wenig arbeiten (und gleich auch später in Rente zu gehen haben). 

Wumms! Das sitzt! Die Deutschen sind also zu faul! Und darüber hinaus liegen sie mit durchschnittlich 30 Tagen gesetzlichen Jahresurlaubs international sogar im oberen Drittel. Und schließlich gehen jetzt auch noch die Babyboomer in Rente und reißen damit ein noch größeres Loch in die Beschäftigtenstatistik.

Aber langsam: Was sagt die OECD-Statistik? Sie spricht von „Arbeitsstunden pro Jahr und Arbeitnehmer“. Gemeint ist also: Arbeitnehmer in Vollbeschäftigung, 1.349 Stunden „pro Kopf und Jahr“. Auf der Grundlage des Mikrozensus hat das Statistische Bundesamt für 2024 einen neuen Rekord in der Beschäftigungsquote von 77% der Menschen zwischen 15 und 65 Jahren ermittelt. Dabei befanden sich 29 % aller Beschäftigten in Teilzeitarbeit – bei den Männern 12 % und bei den Frauen sogar 49 % (!).Vor allem Frauen sind vermehrt in das Berufsleben eingestiegen. 

Aber was sagt das? Ein Beispiel: Arbeitet ein Mensch halbtags, beträgt die Jahresarbeitsleistung eben nur 50 %; das Kuriose: scheidet dieser Mensch aus dem Arbeitsprozess aus, steigt die Jahresarbeitsleistung. Das heißt: wir müssen bei der Jahresarbeitsleistung natürlich die Teilzeiten berücksichtigen und nicht einfach auf die Köpfe umlegen – eine Rechenleistung, die man in der Grundschule erlernt.

Jetzt gibt es zwei Möglichkeiten: Kann Frau Reiche nicht rechnen – oder steckt da mehr dahinter? Wir unterstellen, dass sie rechnen kann – schließlich war sie in führenden Funktionen tätig.

Wenn sie aber rechnen kann: Was will sie uns sagen? Wir sind zu faul? Oder vertritt sie die Interessen Anderer? Hat denn der Vertreter aus der Christlich-demokratischen Arbeitnehmerschaft (CDA) der Union recht, wenn er von einer „Fehlbesetzung“ spricht?